· 

Gute Wünsche zum neuen Jahr!

Die drei Rollator-Könige

Es war ein kalter Dezembermorgen, und der Schnee fiel in dicken Flocken vom Himmel. Die Welt war in ein weiches, weißes Kleid gehüllt, und auf dem Gehweg rollten drei sehr entschlossene Gestalten langsam, aber majestätisch durch die winterliche Landschaft. Es waren Kaspar, Melchior und Balthasar – oder besser gesagt: ihre moderne Interpretation. Denn statt auf Kamelen ritten sie auf… Rollatoren.
Die drei Freunde aus der Seniorenresidenz "Zum Morgenland" hatten sich fest vorgenommen, die Weihnachtsgeschichte neu zu erleben. "Wir sind die drei Weisen aus dem Morgenland", erklärte Kaspar voller Überzeugung, während er sich die Krone auf den Kopf rückte. Seine Krone war aus Pappe und noch leicht mit Glitzerstaub bedeckt, den seine Enkelin großzügig verteilt hatte. "Und wir bringen Geschenke!"
Melchior, der als nächster hinter Kaspar rollte, nickte energisch. Seine Rollatorkörbe waren gut gefüllt: eine Thermoskanne heißen Glühweins, eine Packung Lebkuchen und ein Topf selbstgemachter Apfelmus. "Ich hoffe, das Kind freut sich über Apfelmus", murmelte er. "Ich hatte keine Goldmünzen mehr…"
Ganz hinten rollte Balthasar, eingepackt in einen viel zu großen Weihnachtsmantel, der ihm bis zu den Knien reichte. Er hielt eine Laterne mit einer elektrischen Kerze in der Hand. "Das ist unser Stern", erklärte er, während er die Laterne in die Höhe hielt. "Der wird uns sicher nach Bethlehem führen!"
Die drei waren bester Laune, doch schon bald tauchten die ersten Herausforderungen auf. Der Weg war rutschig, und der Schnee sammelte sich in kleinen Häufchen auf den Rollatorrädern. "Das hier ist kein Kamelritt", grummelte Kaspar, während er sich gegen eine besonders widerspenstige Schneeverwehung stemmte. "Wie weit ist das denn noch?"
Balthasar, der sich etwas weiter hinten mühsam den Weg bahnte, rief zurück: "Bis zum Abendessen sind wir zurück! Keine Sorge!"
"Das hoffe ich doch", meinte Melchior, der eine Hand in seinen Mantel gesteckt hatte, um nach dem Glühwein zu greifen. "Sonst wird mein Apfelmus noch kalt."
Doch trotz aller kleinen Beschwerden rollten die drei Freunde weiter. Schließlich erreichten sie ein Schild am Wegesrand. "Bethlehem, 3 Kilometer", las Kaspar vor. Er seufzte. "Das hätten wir mit dem Bus schneller geschafft."
"Unsinn!", rief Melchior. "Die Weisen aus dem Morgenland sind auch zu Fuß gegangen! Wir sind schließlich Teil einer größeren Geschichte."
Balthasar schmunzelte und hielt seine Laterne ein wenig höher. "Dann beeilen wir uns. Wenn wir uns nicht verlaufen, schaffen wir es rechtzeitig."
Und so setzten sie ihren Weg fort, begleitet vom Knistern des Schnees unter ihren Schuhen und dem leisen Klappern ihrer Rollatoren. Menschen, die ihnen begegneten, lächelten und winkten, und ein kleines Kind rief: "Schaut mal, die drei Könige!"
Am Ende des Tages schafften sie es tatsächlich bis zu ihrem Ziel: einem kleinen Häuschen, wo ihre Nachbarin mit ihrer Familie auf sie wartete. Die drei Freunde wurden hereingebeten, der Glühwein wurde geteilt, und der Apfelmus fand großen Anklang. Es war ein Weihnachtsfest, das keiner von ihnen so schnell vergessen würde.
Und während sie später durch den Schnee zurückrollten, zufrieden und satt, murmelte Kaspar: "Das war vielleicht anstrengend… Aber irgendwie magisch, oder?"
Balthasar nickte. "Bis zum Abendessen zurück, habe ich gesagt. Und siehst du – wir haben es geschafft."
Melchior grinste und holte die letzten Lebkuchen aus seinem Korb. "Wisst ihr, vielleicht machen wir das nächstes Jahr wieder. Dann aber mit Schneeketten an den Rädern!"
Die drei Könige lachten laut, während der Stern über ihnen leuchtete und sie auf ihrem Heimweg begleitete.